Sonntag, 15. März 2009

Already again some translating work for me...

Schön, dass sie endlich wieder da ist

Anna Netrebko wurde im Haus am Ring nach ihrer Babypause als Donizettis "Lucia di Lammermoor" zu Recht frenetisch bejubelt.


Das sind genau jene Opernabende, von denen Musikfreunde noch Jahrzehnte später schwärmen. Frei nach dem Motto: Ja, ich war dabei, als Anna Netrebko nach ihrer Babypause auf die Bühne der Wiener Staatsoper zurückgekehrt ist. Aber nicht nur deshalb wird diese Repertoire-Vorstellung von Gaetano Donizettis "Lucia di Lammermoor" im Haus am Ring in Erinnerung bleiben. Denn – allen etwaigen Befürchtungen im Vorfeld zum Trotz – Netrebko hat nach ihrer Schwangerschaft nichts an Stimme, Strahlkraft oder gar Intensität eingebüßt. Ganz im Gegenteil.


Sehr seriös Und so durfte man ein Comeback erleben, das so gar nicht zu einer reinen Netrebko-Show mutierte, sondern zu einer absolut seriösen, über weite Strecken packenden Aufführung. Natürlich sah Netrebko glänzend aus, natürlich war sie in der gefährlich abgespielten Inszenierung von Boleslaw Barlog aus dem Jahr 1978 das absolute Zentrum des Geschehens. Aber: Anna Netrebko stellte sich und ihre Stimme ganz in den Dienst des Komponisten, begeisterte als Singschauspielerin.

Und die Stimme? Tadellos. Netrebkos Sopran hat an Tiefe, an Fundament, ja auch an Dramatik noch gewonnen. Die hohen Töne, die bei Donizetti so wichtigen Koloraturen aber sitzen nach wie vor perfekt. Ohne Brüche versteht es die Künstlerin, sich durch alle Lagen zu singen.

Auch bei der berühmten Wahnsinnsarie, die erstmals an der Staatsoper von einer Glasharmonika (und nicht wie sonst von einer Flöte) begleitet wurde, ging es Netrebko nicht um das vordergründige Produzieren herrlicher Koloraturen, sondern um pure Wahrhaftigkeit, um fragile, gehauchte Emotionen. Hier war auch der virtuose Glasharmonika-Spieler Alexander Marguerre für den großen Jubel mitverantwortlich.

Viel Neues Und noch ein paar Neuerungen gab es bei Netrebkos Rückkehr zu bestaunen. So wurde die auf Wunsch von Tenören mitunter gestrichene, weil sehr anspruchsvolle "Turmszene" gegeben, auch ein Duett zwischen Lucia und ihrem Erzieher Raimondo im zweiten Akt wurde eingefügt. Eine bei der "Turmszene" richtige Entscheidung, da der Tenor Giuseppe Filianoti als von Lucia geliebter Edgardo über die passende Belcanto-Stimme verfügt, Lyrismen mit Strahlkraft gut verbindet und erst ganz am Ende vokal etwas abgekämpft wirkte. Eine starke Leistung.

Dass der bemühte Bassist Stefan Kocán als Raimondo dieses Niveau nicht halten konnte, ist schade. Anders der Bariton George Petean, der als Enrico einen würdigen, profunden, stimmlich dennoch flexiblen Gegenspieler gab und als Zerstörer von Lucias Glück sehr glaubhaft agierte. In den kleineren Partien bewährten sich Juliette Mars (Alisa) mehr, Marian Talaba (Arturo) sowie Peter Jelosits (Normanno) weniger.

Sehr selten Ausgezeichnet aber Dirigent Marco Armiliato, der Donizettis Partitur richtig zum Klingen brachte, das Orchester gut im Griff hatte und allen Solisten ein exzellenter Partner war. So feinsinnig, so musikalisch ausbalanciert hat der vom Staatsopernorchester nicht übermäßig geliebte Donizetti am Ring schon länger nicht geklungen. Ein seltener Genuss, der hoffentlich nicht nur auf Anna Netrebko zurückzuführen ist.

Fazit: Tolles Comeback


Werk Donizettis "Lucia di Lammermoor" wurde 1835 uraufgeführt. Die sehr schwere Titelrolle gilt als Bravour-Partie aller großen Künstlerinnen von Maria Callas bis zu Edita Gruberova.

Gesang Anna Netrebko ist eine große Künstlerin. Sie reiht sich in die Liste ihrer berühmten Kolleginnen perfekt ein und hat meist gute Partner auf der Bühne.

Dirigat Einfach ausgezeichnet.



Königin Anna, die Wahnsinnige

Lucia di Lammermoor. Am Samstag kehrte Anna Netrebko in Donizettis Oper nach der Mutterschaftspause triumphal auf die Bühne

Das ist Delirium auf der Bühne und im Publikum: Wenn Anna Netrebko in der Wiener Staatsoper auftritt, erhält auch eine Repertoirevorstellung Premierenglanz. „Ausverkauft“-Schild, „Suche Karte“-Kärtchen und erwartungsgeladenes Riesengedränge schon beim Eingang, das waren die Nebenerscheinungen bei einer Oper, die am Samstag zum 145. Mal (!) im Haus am Ring gezeigt wurde. Diese „Lucia di Lammermoor“ hatte zum ersten Mal im März 1978 das Publikum entzückt, das sieht man der Produktion auch an. Die Staubschicht von drei Jahrzehnten kann man in der kollektiven Begeisterung übersehen, der Genuss liegt anderswo. Denn wie bei kaum einer anderen Oper kommt es auf die Besetzung an. Da kann auch – wie vor zwei Jahren – die „originale“ Premierenbesetzung, also Edita Gruberova, noch Triumphe feiern. Die Wiener lieben ihre Stars ohne Ablaufdatum.

Die Wiederkehr von Anna Netrebko auf die Wiener Bühne nach der Geburt eines Sohnes war mit langem „Anlauf“ vonstatten gegangen. Als „Lucia di Lammermoor“ sah sie mittlerweile das Publikum in St. Petersburg (wir berichteten) und New York, zwischendurch waren Auftritte in London als Julia in Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ mit Elina Garanca auf dem Kalender. Donizettis schauerromantische Oper „Lucia di Lammermoor“ ist ohnehin eine Art schottische Variation des „Romeo und Julia“-Themas nach einem Roman von Sir Walter Scott. Verzweifelte Liebe und familiäre Todfeindschaft verbinden die Schicksale der Frauenfiguren, das erfordert neben virtuoser Belcanto-Kunst eine hohe darstellerische Fähigkeit. Lucia verliert den Verstand, Donizetti schrieb dafür eine Szene und Arie, die zu Recht als „Wahnsinnsarie“ in der Operngeschichte singulär dasteht. Ohne zu übertreiben: Anna Netrebko fügt sich in der Liga von legendären Spitzenkünstlerinnen von Maria Callas bis Edita Gruberova bestens ein. Dass der Abend in lang anhaltendem Jubel endete, war nicht nur blindwütige Verehrung, Anna Netrebko ist wieder da.

Müßig zu diskutieren, ob die private Mutterrolle sich auf die Stimmbänder der Austrorussin auswirkte, ob der Sopran jetzt gar fülliger oder runder sei als vor Jahren. Wenn etwas die gewohnte leuchtende Farbgebung der Stimme im ersten Teil der Oper herunterdimmte, dann das uninszenierte Stehtheater vor den Prospekten mit dem düsteren Schloss im Hintergrund. Im Laufe der Geschehnisse entwickelte Anna Netrebko ihre volle Palette von dramatischer Strahlkraft mit lyrischen Schatten und eine darstellerische Intensität, die immer wieder faszinieren kann. Ihre künstlerische Ernsthaftigkeit und Hingabe stehen außer allem Zweifel, ob sie kostümtechnisch mit der matronenhafen Zurichtung im elisabethanischen Kostüm glücklich war, steht auf einem anderen Blatt.

Die szenische Hinterlassenschaft von Regisseur Boleslaw Barlog ist gerade noch als zweckdienlich zu bezeichnen, Bühnenbildner Pantelis Dessyllas hatte für die Produktion ein düsteres Ambiente mit Parklandschaft, getäfeltem Renaissance-Saal und Gruft entworfen.

Die szenische Energie von Anna Netrebko degradierte die anderen Hauptpersonen zu händeringenden oder säbelfuchtelnden Statisten, Giuseppe Filianoti als Edgardo konnte ihr wenigstens stimmlich ebenbürtig sein.

Lucia hat sich ausgerechnet in Edgardo, den Todfeind ihres Bruders Enrico, verliebt. Im Rahmen politischer Umwälzungen fürchtet Enrico seinen Untergang, den nur Arturo aufhalten kann. Enrico hintertreibt die junge Liebe und scheut sogar vor einem gefälschten Brief nicht zurück, um die Ehe von Lucia mit Arturo zu erzwingen. Die von der angeblichen Treulosigkeit ihres Geliebten entsetzte Lucia fügt sich willenlos. Als sie den Ehekontrakt unterschreibt, taucht Edgardo auf, der sich seinerseits getäuscht sieht. Die ungewollte Hochzeitsnacht endet katastrophal, Lucia ersticht Arturo, mit blutigem Nachtgewand schockt Lucia die Gäste und geht mit dem Messer auf ihren Bruder los, ehe sie zusammenbricht. Das Duell zwischen Enrico und Edgardo wird nur verhindert, da sich der lebensmüde Geliebte beim Anblick von Lucias Sarg selbst tötet.

Marco Amiliato als verlässlicher und souveräner Dirigent weiß um die dramatischen Schönheiten der Partitur, das Staatsopernorchester gab den Stimmen Raum. George Petean als Bruder Enrico litt etwas unter Intonationsproblemen und szenischer Unbeweglichkeit, Giuseppe Filianoti als Edgardo überzeugte hingegen mit heldischen Höhen und Statur. Sehr gut war Stefan Kocán als priesterlicher Raimondo, Marian Talaba als Arturo blieb unauffällig. Der Chor fügte sich ins kompakte Klangbild.

Atemberaubender Höhepunkt waren die Wahnsinnsminuten nicht nur wegen der erschütternden Bühnenpräsenz von Anna Netrebko, sondern wegen der erstmals eingesetzten Glasharmonika. Die fragilen ätherischen Klänge des Instrumentes spiegelten wundervoll den Geistesverfall der gequälten, entrückten Frau, die mit gläsernen Augen, bizarren Glücksanfällen und bösen Visionen der realen Welt abhanden kommt.

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