Die Operndiva mit größter Natürlichkeit und Massimo Giordano bei der Ruhrtriennale in der Bochumer Jahrhunderthalle.
Anna Netrebko bei der Ruhrtriennale im zweckmäßig-schlichten Ambiente der Bochumer Jahrhunderthalle: Das klingt nach einer Verschnaufpause zwischen anstrengenden Kraftakten mit Schönberg und Stockhausen. Dass der von den Medien verhätschelte russische Gesangsstar mehr zu bieten hat als die Pose eines gepuschten Glamour-Girls der Opernbühne, weiß niemand besser als Ruhrtriennale-Intendant Willy Decker seit ihrer Zusammenarbeit an der legendären Salzburger „Traviata“.
In der voll besetzten Jahrhunderthalle stand das Publikum am Ende vor Begeisterung Kopf. Und nicht zu Unrecht: zu erleben war eine makellose, in jeder Lage sicher geführte Stimme von edler Schönheit und betörender Sinnlichkeit, ganz zu schweigen von der bestrickenden Ausstrahlung und dem überrumpelnden Charme der Sängerin, die in den letzten Jahren noch an Natürlichkeit gewonnen hat. Donizettis „Lucia“, Verdis Gilda („Rigoletto“) oder der verführerische Balsam aus der Feder des Frauenkenners Puccini („La Bohème). Das alles verkörpert sie mit dem Einsatz und Instinkt eines geborenen Bühnentiers und begeisterte in der akustisch vorzüglichen Jahrhunderthalle ohne elektroakustische Verstärkung mit traumhaften Legato-Schwüngen, feinen Piano-Delikatessen und einigen Prisen überzeugender Ergriffenheit. Belcanto im Hochglanz-Format.
Bedauerlich, dass sie, von einigen charmanten Abstechern in die Operette und in verschmuste Canzonen-Nischen abgesehen, lediglich mit einer einzigen großen Arie aus Donizettis „Lucia di Lammermoor“ solistisch hervortrat. Allerdings entwickelte sie in den Duetten mit dem Tenor Massimo Giordano um so größeres gestalterisches Temperament, wobei sie sich mit dem attraktiven Sänger prächtig verstand. Der verfügt zwar nicht über die beeindruckende Stimmkultur der Netrebko, gleichwohl über ein sinnliches Timbre und eine Menge an tenoraler Strahlkraft, die sich in den Höhen leider nur in starken dynamischen Registern entfalten konnte. Gleichwohl: ein prachtvolles Bühnenpaar, das in Bochum u.a. an den gemeinsamen Erfolg mit Gounods „Romeo et Juliette“ an der Wiener Staatsoper erinnerte und mit dem Finale des ersten Akts aus Puccinis „La Bohème“ das Kernprogramm glänzend beendete. Obwohl drei Zugaben folgten, schien das Publikum noch lange nicht gesättigt von den vokalen Highlights.
Nicht vergessen werden dürfen die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Emmanuel Villaume, die sich erneut als erstklassiges Begleitorchester empfahlen und mittlerweile zum Stammorchester für Vokal-Recitals bei der Ruhrtriennale avancierten. Die Philharmoniker reagieren nicht nur flexibel und sensibel auf die Vorlieben und Eigenarten der Sänger, sondern präsentierten sich mit einem kultivierten Klangbild, das in feinsten aromatischen Puccini-Klängen seinen Höhepunkt fand.
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